Martin: Brüsseler Pläne zum Umbau der EU-Förderpolitik gehen in die absolut falsche Richtung

Nr.167/24  | 11.10.2024  | Europamv  | europa-mv.de

Mit der neuen EU-Kommission nimmt die kontroverse Diskussion über die neue EU-Förderperiode ab 2028 an Fahrt auf. Europaministerin Bettina Martin spricht sich gegen die von der EU-Kommissionspräsidentin geplante Zentralisierung der Förderung und für eine weiterhin auskömmliche Förderung der Regionen aus.

„Mecklenburg-Vorpommern profitiert als Region erheblich von der EU-Regionalförderung, der so genannten Kohäsionspolitik. Mit mehr als 10 Milliarden Euro, die seit der Deutschen Einheit nach Mecklenburg-Vorpommern geflossen sind, hat die EU-Regionalförderung einen erheblichen Beitrag zur positiven Entwicklung des Landes geleistet. Gerade in den ländlichen Räumen ist die EU-Förderung nicht wegzudenken. Mit Besorgnis habe ich die Berichterstattung über die Planungen der EU-Kommission zur Kenntnis genommen, die Förderpolitik der EU radikal umzubauen und sie auf die Ebene zwischen EU und Nationalstaaten zu verlagern“, kommentiert Europaministerin Bettina Martin Presseberichte zu den Planungen der EU-Kommission.

„Das wäre der absolut falsche Weg. Wir wissen vor Ort am besten, welche Förderung gebraucht wird und wie die Mittel am sinnvollsten eingesetzt werde, um die Region zu stärken. Wenn jetzt die Entscheidungen zentralisiert und ohne die Beteiligung der Regionen selbst laufen sollen, dann ist das ein weiterer Schritt, die Menschen vor Ort vom den EU-Entscheidungsprozessen zu entfremden. Ich bin mir mit allen anderen Europaministerinnen und -minister der Länder einig, dass diese Zentralisierung der EU-Regionalförderung nicht kommen darf.“

Auf Initiative Mecklenburg-Vorpommerns hatte die Europaminister-Konferenz der Länder (EMK) im Juni 2024 sich in einem Beschluss klar dafür ausgesprochen, die bisherige Förderstruktur mit den regional orientierten Programmen, wie EFRE, ESF+ und Interreg beizubehalten (vgl. PM vom 12.6.2024).

„In einer Zeit, in der das Misstrauen der Bürger gegenüber Europa an den Wahlurnen deutlich zum Ausdruck kommt, muss die Politik gestärkt werden, die in den Regionen am sichtbarsten ist und bei den Menschen ankommen. Mecklenburg-Vorpommern hat in den vergangenen Förderperioden besonders im ländlichen Raum von dieser Unterstützung profitiert, genau wie andere Regionen in Deutschland“, sagt Martin.

 

Eine Verlagerung dieser Kompetenzen auf nationale Ebene berge nach Ansicht von Europaministerin Martin zum einen die Gefahr, dass Fördertöpfe zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet werden und weniger Mittel auf der regionalen und kommunalen Ebene ankommen.
Aber auch, dass Regionen, die ihre Strukturen durch EU-Mittel in den vergangenen Jahren verbessern konnten, so vernachlässigt werden und bereits erzielte Erfolge in der Entwicklung nicht weiter ausgebaut werden können.

 

„Die grundsätzliche Idee, die Ausreichung von Fördermitteln stärker an das Erreichen von nationalen Zielen zu knüpfen, die mit den europäischen Zielen in Einklang stehen, ist durchaus sinnvoll. Dies darf aber nicht mit einer solchen Zentralisierung einhergehen“, so Martin. „Eine Förderpolitik nach dem Idealbild eines Europas der Regionen, in denen die Bundesländer und die Kommunen ortsbezogen ihre Schwerpunkte und Projekte eigenständig gestalten können, ist sehr wichtig für die Identifikation der Menschen mit der Europäischen Union.
Gerade auf der kommunalen Ebene könnten die jetzigen Pläne zu einer weiteren Entfernung Brüssels von den Menschen beitragen und so zu mehr Politikverdrossenheit.
Speziell für Deutschland, das sehr föderal organisiert ist, passt ein solches Modell überhaupt nicht. Es schränkt die Länder und Kommunen in ihren Gestaltungsspielräumen ein und zentralisiert die Entscheidungen in Berlin und Brüssel.“

„Ich fordere deshalb, in Brüssel die Planungen zu überdenken und die Idee eines Europas der Regionen nicht fallenzulassen. Dafür werde ich mich auch in den weiteren Gesprächen der EMK zu diesem Thema einsetzen“, so Martin. „Wir brauchen weniger und nicht mehr ‚top-down‘ Politik, wenn der europäische Gedanke auf kommunaler Ebene weiterhin spürbar bleiben soll."